Sonntag, 15. April 2012

2.39 AMERICAN MCGEE'S ALICE (PS3 DOWNLOAD)


Neuinterpretationen von Lewis Carrolls phantasievoller Geschichte um die geträumten Ausflüchte der Tochter noblen Hauses Alice geben sich ja seit Jahrzehnten die Klinke in die Hand. Mehr oder minder erfolgreich, muss man sagen.
Um die Jahrtausendwende befasste sich American McGee, Videogame-Designer seit den 90er Jahren, mit dem Thema und brachte unter dem Banner von Electronic Arts schließlich die oft gelobte skurril-komische, blutig-faszinierende Adaption American McGee's Alice für den PC auf den Markt.
Eineinfünftel Dekaden später wagte ich mich an das von EA und McGees Studio Spicy Horse veröffentlichte Sequel Alice: Madness Returns, in meiner Naivität vollkommen übersehend, dass es sich tatsächlich um die Fortsetzung vom von mir einst als neugieriger Bursche im Laden um die Ecke bewunderte American McGee's Alice handelt. Glücklicherweise war der erste Teil nicht fern und so nutzte ich meinen durch den Kauf des Spiels freigeschalteten Free Pass und holte mir den Titel einfach über das von mir geschätzte PlayStation Network.
Eine bewundernswerte, wenngleich anstrengende Reise nahm ihren Anfang.

Klar muss man anerkennen, dass dieser Titel schon einige Jahre auf dem Buckel hat. Natürlich wirkt die eine oder andere Ecke schäbig pixelig, das Aussehen dieses - ja - Klassikers genauso bemüht wie bekloppt. Auf bemerkenswerte Sequenzen und das somit einhergehende Gestaune, etwa wenn das berühmte Weiße Kaninchen vom Mad Hatter persönlich zu einem blutigen Fleck zerstampft wird, nachdem man ihm innerhalb des ersten Viertels des Spiels hinterherjagte, hat das keinerlei Auswirkungen. Das Spiel wirkt nach wie vor gut in seiner grotesken Ebene platziert - kein Ton ist daneben, Effekte und Design diskutabel. Höchstens der Spielfluss wird ihm zum Verhängnis.
Immerhin ist es aber meiner eigenen Blödheit zuzuschreiben, dass ich nicht dazu kam, während der unaufhörlich andauernden Levels zu speichern. Wie ein heldenhafter Depp schleppte ich mich also Versuch um Versuch durch entsetzlich lange wie hinterhältige Passagen, wurde von den fliegenden Schreihälsen geradezu quer über die Map gebrüllt, an Wänden entlanggeglitcht, schließlich in den Abgrund gescheucht, mit ewiger Hoffnung auf den baldig auftretenden Autosave. Erst gegen Ende des Spiels kam mit der Gedanke, dass der Save-Button (wohlgemerkt aber im Load-Modus des Spiels) eine nützliche Option dazu bietet, die durchaus beabsichtigt unfairen Abschnitte immer wieder spielen zu müssen.

Ist der mir widerfahrene Grauen also mit Alice' Schrecken gleichzusetzen?
Wohl kaum. Die wird nämlich auf unangenehme Weise ein weiteres Mal (nach den Büchern Alice's Adventures in Wonderland und Through the Looking Glass) mit ihrem Wunderland konfrontiert. Durch mysteriöse Umstände fackelt das gesamte Anwesen Liddell, gleichzeitig Alice' Mutter, Vater und Schwester ab - das gute Kind erlebt einen schweren Schock und muss in die Psychatrie. Natürlich äußerlich wie innerlich verwandelt, beziehen die allzu neuen Lebensumstände die blühenden Felder des Wunderlands mit ein - alles wird grau und düster, brutal und  .. ungemütlich.
Auf der Suche nach ihrer psychischen Stabilität, stellt sich Alice in diesem Spiel also den Ängsten gegenüber dem überlebten Brand und versucht durch die Rettung des ohnehin schon gefährlich verschrobenen Wunderlands irgendwie wieder ihren Kopf an die rechte Stelle zu rücken, solange er noch nicht ab ist.
Die Cheshire Cat, obschon nett designed, bietet ihr nur einen kläglichen Ratgeber, wenige berühmte Charaktere geben tatsächlich Hilfestellung, viele mehr stehen ihr bloß im Weg und leiten euch als Spieler in die Irre. Der Fortschritt findet sich durchsetzt durch zynische Selbstzweifel der Protagonistin, aber auch dem Kampf mit der verblendeten Wahrheit, zu der Alice auf ihrem Weg durch Schachschlösser, Vulkangebiete, Irrgärten, Sumpflandschaften und in Gefangenschaft von Tweedledum und Tweedledee oder dem Mad Hatter, stets nur Hinweise findet.

Die Steuerung ist teilweise ziemlich im Eimer. Die Sprünge werden auch nach Training allzu oft zum ungeplanten Tod führen, Alice' Waffen, wie etwa die Zauberwürfel, einzusetzen, bietet lediglich ein anhaltendes Risiko - sowohl für Feinde, als auch den Benutzer. Ihr könnt euch auf euer Zeug einfach nicht verlassen. Zudem machen die Hitboxen der Gegner - egal ob Spielkarten, springende und spuckende Fische, aber auch Bosse - meistens, was sie wollen. Die Unberechenbarkeit der Umgebung, sowie deren oft klägliche Programmierung, versenkt euch permanent. Ihr könnt euch also vorstellen, was für ein Spaß es war, diesen Titel durchzuziehen, mit der Meinung nicht eigenständig speichern zu können.
Ja, war geradezu umwerfend.

Trotzdem würde ich American McGee's Alice keineswegs zum Teufel jagen. Es ist immerhin unterhaltsam und fesselnd, bereitete mich zumindest ein kleines Stück auf die Geschehnisse im zweiten Teil vor, auf den ich nur allzu bald zu sprechen kommen werde. Vielleicht wäre es aber zu empfehlen gewesen, den eindeutigen Mankos des Spiels ein oder zwei Updates für die PS3-Version zu schenken.
Viele Spieler empfänden dies aber sicher als klare Unverfrorenheit gegenüber der auftretenden Nostalgie.

StrawHat
(speichert)
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LINKS:

AMERICAN MCGEE'S ALICE TRAILER: http://youtu.be/lG_-3T1Tljw  

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