Sonntag, 29. April 2012

2.41 MARIO KART 64 (N64)

6.6/10.0

Rotes Licht.
Gelbes Licht.
Grünes Licht.

Ach verdammt! Wie ging der Blitzstart nochmal?
Man könnte jedenfalls meinen: Auf jeder Konsole anders.
Mario Kart 64, der erste Ableger des erfolgreichen SNES-Klassikers, den ich - ohne Spaß - noch nie angerührt habe, erschien in Europa um meinen achten Geburtstag herum und sollte den Grundstein für meine große Multiplayer-Leidenschaft setzen. Vier Spieler konnten über sechzehn Kurse hetzen (heutzutage ist ja die doppelte Rennstreckenanzahl ja quasi ein Muss) und sich mit gemeinsten Hilfsmitteln zum Grand Prix-Sieger küren. Ja, sportlich war Mario Kart noch nie. Doch selten musste man einer KI dermaßen berechnende Bösartigkeit unterstellen und eigenen Familienmitgliedern dramatisch den Krieg erklären, der nur allzu oft im wirklichen Leben fortgesetzt wurde.
Glitches, die für Abkürzungen sorgen, und dank erhöhtem Schwierigkeitsgrad lächerlich schnell vorgespulte Strecken, Pinguine, Chain Chompers, Igel - sucht es euch verdammt noch mal aus - taten ihr Übriges um jede neue Session mit diesem Spiel zu einem Fluchfest ausarten zu lassen.
Ich seufze und frage euch: Lieben wir es nicht alle?

Diese unübertriebenen Kurse, die - im Gegensatz zu späteren Titeln - noch Ansätze eines sportlichen Wettbewerbs erkennen lassen, bestachen durch übersichtliche Polygone, die thematisch passend unübertrieben aufgebaut und coloriert wurden.
Wir haben ein dunkelbraunes, fast schlammiges, Choco Mountain, einen abenteuerlichen Jungle Parkway und selbstverständlich eine - wenn nicht die - bereits erwähnte Rainbow Road.  
Mario Kart 64 stampfte seine Basics dermaßen gelungen in die Videospiel-Historie, dass man - hatte man es als Kind gezockt - sich sein ganzes Leben an diese Atmosphäre erinnern wird.
Wenn wir gerade bei Basics sind, schlagen wir kurz das erfrischend kleine Arsenal an Charakteren an, die sich fürchterlich unterschiedlich spielten und auf den Kursen abwechselnd Stärken herausfuhren ( - bis auf Bowser, der war zwar eine Wucht, aber eine unausstehlich schwere und unwendige). Von den üblichsten üblichen Verdächtigen Mario, Luigi, Peach und Yoshi abgesehen war beispielsweise ein träger Donkey Kong dabei, der mir leider erst viel später ans Herz wuchs. Auch Toad, der davor selten spielbar war, wurde zum festen Mitglied der Kart-Belegschaft. Wario, mit der bis heute passendsten Synchronstimme, glänzte als Schwergewichts-Douchebag und blitzte einen als NPC gerne von so mancher Sprungschanze.

Entgegen aller Behauptungen empfinde ich dieses Mario Kart als einer der taktischsten. Das schräge Chaos, das einen heutzutage binnen Sekunden vom letzten auf den ersten Platz katapultieren kann, trat damals nur entgegengesetzt ein. Jeder grüne Panzer musste sitzen - Treffer wurden nie geschenkt. Doch traf das Teil schließlich doch, fuhr man erheblichen Vorsprung heraus. Vorsprung, der nur durch den Einsatz eines Sterns und die berechnete Abkürzung durchs befahrbare Grün (zu krasse Einschnitte in den Streckenverlauf wurden bestraft) wieder wettgemacht werden konnten.
Auch der vermaledeite Drift - heute oftmals durch Stunts ersetzt - besaß damals eine verheerende Wirkung und entschied vorallem unter erfahrenen Spielern stets über Sieg und Niederlage.
Kurz: Mario Kart war zur damaligen Zeit eine Kunst und wurde größtenteils zum wunderschönen Partylotto abgestumpft.

Zusätzlich zum fordernden Grand Prix- (gegen alle Charaktere, vertreten durch den Computer) bzw. Versus-Modus (mit bis zu vier Spielern), konnte man sich noch auf vier unterschiedlichen Feldern mit den durch ihre Wirkung im Wettrennen gefürchteten Waffen wie roten Panzern, Bananen oder als Items getarnte Bomben gegenseitig die Schädel einhauen - ein, gerade wegen gemeinen Kursen, wie dem löchrigen Skyscraper, frustrierendes Unterfangen. Wurde man frühzeitig aus dem Spiel geworfen, konnte man der fast platzenden Ader an der Schläfe jedoch als fahrende Bombe Genugtuung verschaffen.
Time Trial sorgte für wachsende Streckenerfahrung und bisweilen auch kalte Kriege, denn die Bestzeiten des Grand Prix-Gegners verfolgte man natürlich kaum neidlos und ließ diese ungeschlagen verweilen.

Widmete man sich dem Spiel ausgiebig und mit Freunden oder Familie, erspielte man sich früher oder später vertretbare Skills und ruhiges Blut trotz ernüchterndem Rennverlauf. Außerdem schaltete man schließlich den Extra-Modus frei, der die Strecken spiegelte und die vertraute Erfahrung plötzlich vor ein anstrengendes, wenngleich lösbares Problem stellte. In Toad's Turnpike, der stark befahrenen Autobahn, bedeutete dies beispielsweise den verhassten Tankwagen, LKWs und PKWs plötzlich entgegen zu fahren. Man kann sich vorstellen, wie schnell dies zum Desaster ausartete, in dem Waffen schnell zur Nebensache wurden.

Als gelegentliche person with a temper blieb als Kind kaum ein Auge trocken - auch heute würde mich in diesen Kampf, den man eigentlich mal Wettrennen nannte, erheblich hineinsteigern. Mario Kart: Double Dash und Mario Kart Wii, sowie die DS-Ableger, machen zwar heutzutage ihre Arbeit mehr oder minder gut, hinken aber meiner Meinung der nostalgischen Idealisierung dieses Titels hinterher.
Mario Kart 64 ist so oder so ein Klassiker meiner Kindheit und trägt, auch unter den N64-Titeln, die ich in dieser monatlichen Reihe behandele, absoluten Sonderstatus. Ja, die Melodie zu den Credits könnte man fast auf meiner Beerdigung spielen.

Also, noch eine Runde gefällig?

StrawHat
(ließ die Kupplung beim Blitzstart gern kommen)
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LINKS:

MARIO KART 64 JAPANESE TRAILER: http://youtu.be/gHE0QEi6Ldc  

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