Samstag, 21. Dezember 2013

1.42.1 The Streets - Original Pirate Material

8.3/10.0

Die Wirkung von Mike Skinners Debutalbum als The Streets-Prophet zieht deine Aufmerksamkeit vom ersten Beat an auf sich. Sie zahlt es mit der realistischen Ungemütlichkeit aus dem Alltag britischen Mittelstandes zurück, untermalt endlos interessante Geschichten mit der Sprunghaftigkeit und der vorherrschenden Melancholie von UK Garage. Oder ist es die allem anhängende Trostlosigkeit, die für diese verantwortlich ist?

Was Mr. Skinner in dieser Dreiviertelstunde von sich gibt ist nicht selten sozialkritisch, dafür geht schon mal gern die kreative Suche nach fließenden Rhymes verloren. Was aber in den Händen von untalentierten Oberstuflern wie ein müder Rap-Versuch abgetan werden würde, entwickelte sich über die 2000er hinweg als Sternstunde der britischen Hip-Hop-Szene. The Streets läutete ein Glöckchen, dessen Klang in kommerzieller Verwendung kein abnehmendes Ohr fand - nicht mal die schnittigen Singles wie Has it come to this? oder Kevin Mark Trails ohrwurmverdächtiger Refrain von Let's push things forward erklommen erwähnenswert hohe Spitzen.
Vielleicht ist in der erst übersehenen, später neu gewonnenen Wichtigkeit von Original Pirate Material so viel Sympathie zu finden, dass sich die Empfehlung der Scheibe so aufzwängt. Man fühlt sich beim Hören als Teil einer sinnvollen Message, sich vom tieferen Sinn der Beschreibung unserer Gedanken nicht befremdet zu fühlen.

Und doch war mein erster Eindruck von dem Album ein bloß durchwachsen positiver. Die klangliche Umstellung vom amerikanischen überproduzierten Kanye West-Kassenschlager auf die kantige Bodenständigkeit dieses Albums war ein phasenreicher Prozess, den ich nach lediglicher Anerkennung ordentlicher Produktion fast schon links liegen ließ. Doch Skinners Oi, oi, oi echote sich tapfer zurück und fing mich im dritten Anlauf erst so richtig.
Was mich nun mitriss war die offensichtliche Schlagkraft von Geezers need excitement und der Frage, warum Texte wie diese nicht in Bars oder Fußballstadien an der Wand hingen, um männliche Streitlustigkeit zu vergegenwärtigen.

Doch The Streets und seine Mitstreiter haben Platz für noch mehr Lektionen (It's too late bzw. Same old thing), die schwer zu verdauen sind, sich im Bauch auch länger niederlassen und für übergeordnetes Verständnis zwischenmenschlicher Schwierigkeiten sorgen.
Pausenclowns wie das viel zu gute Don't mug yourself und The irony of it all, das Fronten-klärende Zwiegespräch zwischen Thug und Pot-Studenten, laufen in all der Ernsthaftigkeit Gefahr deplatziert zu wirken, füllen aber essenzielles Augenzwinkern in all die Vehemenz.

Am Ende ist die propagierte Schwere unseres urbanen Albtraums von Original Pirate Material sicher ein Zwischenspiel der tragenden House-Elemente und den treibenden Skipbeats des Genres, sowie Skinners unfehlbar treffender Lyrik über hoffnungsvolle Schwäche. Wer sich von seinen Themen nicht angezogen fühlt, hat einen Teil seines Wesens schon an diese Welt verloren.

Straw Hat
(common sense, simple common sense)
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TRACKLIST & HIGHLIGHTS:

01 Turn the page
02 Has it come to this?
03 Let's push things forward (feat. Kevin Mark Trail)
04 Sharp Darts
05 Same old thing (feat. Kevin Mark Trail)
06 Geezers need excitement
07 It's too late
08 Too much Brandy
09 Don't mug yourself
10 Who got the funk?
11 The irony of it all
12 Weak become heroes
13 Who dares wins
14 Stay positive

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